Vortrag_Athen, 03. November 2007
Miriam Gabriela Möllers_internationales literaturfestival berlin

„Der kleine Dreiecksfisch beim 7. internationalen literaturfestival berlin (Sept. 2007)“
„The Little Trianglefish at the 7th international literature festival berlin (sept. 2007)”

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde des kleinen Dreiecksfischs’!
(Und: Lieber Vagelis und lieber kleiner Dreiecksfisch!)

_(Begrüßung) Heute feiert der kleine Dreiecksfisch ‚ganz offiziell’ seinen zehnten Geburtstag. Mir ist es eine große Ehre, die allerherzlichsten Glückwünsche aus Deutschland überbringen zu dürfen. Denn der kleine Dreiecksfisch ist inzwischen nicht nur in Griechenland eine Berühmtheit, sondern hat es auch in der weiten Welt zu großer Beliebtheit und internationaler Ausstrahlung gebracht. In seinem Jubiläumsjahr gelang es ihm sogar, aus dem fernen Mittelmeer zum
7. internationalen literaturfestival berlin zu reisen, das vom 04. bis 16. September 2007 stattfand. Und ich bin diejenige, die ihn nach Berlin eingeladen hat und freue mich außerordentlich, heute hier sein zu können. Es ist das erste Mal, dass ich griechisches Festland besuche und ich von einem kleinen gelben Fisch zur Geburtstagsparty eingeladen werde!
_Weder Mühen noch Strapazen scheute der kleine Dreiecksfisch in vergangenen September, als er aus dem tiefblauen Mittelmeer Griechenlands in die grünlich-blaue Spree Berlins aufbrach – abenteuerlustig passierte er die sagenumwobene Straße von Gibraltar, schwamm entlang der spanisch-französischen Atlantikküste, durchquerte den Ärmelkanal und gelangte in die Nordsee, umkreiste das schöne Dänemark, um in die Ostsee einzutauchen, von der aus er schließlich über deutsche Flüsse und Bäche die berühmte Berliner Spree erreichte.
_Im Gepäck hatte er unzählige Doppelgänger aus Stoff, ebenso Magneten mit seinem Konterfei sowie ‚Flugblätter’ in griechischer und englischer Sprache mit seiner Vita. Begleitet wurde er natürlich von seinen ‚Schöpfer und literarischen Vater’, dem beliebten griechischen Kinder- und Jugendbuchautor Vagelis Iliopoulos.
_In Berlin traf der kleine Dreiecksfisch auf viele andere Helden aus Flora und Fauna, die als internationale Gäste zum Festival geladen waren, darunter die acht putzigen Erdmännchen und ihrer Königing namens ‚Gisela“ des deutschen Illustrators und Autors Nikolaus Heidelbach, aber auch auf ein ganzes afrikanisches Tier-Dorf des tanzanischen Tingatinga-Malers John Kilaka mit Sokwe Schimpanse, Zebra, Flusspferd, Schwein, Leopard, Löwe, Rhesusäffchen und Frau Häsin, oder auf das verliebte Wildpferd Dominykas und eine neckische Kornblume, die der litauische Kinderbuchautor und Regisseur Vytautas V. Landsbergis mitgebracht hatte, oder gar auf den pfiffigen Hund Rintje und seine Freunde Tobias und Henriette, gezeichnet von dem niederländischen Illustrator und Designer Sieb Posthuma, und nicht zuletzt traf er auf Herrn und Frau Armadillo und ihre zehn allerliebsten Gürteltierbabys, in Szene gesetzt von dem russisch/us-amerikanischen Illustrator und Autor Vladimir Radunsky. Gemeinsam mit ihnen und mit einer Vielzahl begeisterter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener tummelten sich der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos im vergangenen September auf dem internationalen literaturfestival berlin … und eroberten ihr Publikum im Sturm!

_(Festivalvorbereitung I) Allerdings bestach der kleine Dreiecksfisch schon lange ‚vor’ seiner Ankunft mit liebevollen Details und kuriosen Ideen zur Vorbereitung seiner Festivalteilnahme, die er von Vagelis Iliopoulos per email durchgeben ließ. Manches Mal saß ich geradezu fassungslos vor meinem Computer, als wieder eine ‚wundersame’ email aus Griechenland eintraf, die z.B. davon kündete, dass ganz besondere Malutensilien, nämlich ‚goldene’ und ‚silberne’ Stifte benötigt würden, um Kieselsteine in kleine Dreiecksfische zu verwandeln, oder dass man die ‚sonderbaren Fische’ aus einem seiner Abenteuer mit alten Küchengeräten nachzubauen gedenke. Als schließlich wie selbstverständlich nach und nach kleine Postsäckchen mit dreieckigen Kieselsteinen in Berlin eintrafen, die der kleine Dreiecksfisch von seinem Autor und dessen Gattin an griechischen Stränden hatte sammeln lassen, war die Verwunderung im Festivalbüro – das muss ich wohl nicht betonen! – groß, und meine Kolleg/innen – die ohnehin schon lange einen geheimen Verdacht gegen die ‚sonderbare’ Kinder- und Jugendliteratur hegten – erklärten mich und meine Gäste für vollends ‚verrückt’. Als sich dann noch eine ganze ‚Mannschaft’ von Freunden des kleinen Dreiecksfischs, u.a. aus dem Hause „Patakis“ ankündigte, wunderte uns nichts mehr. Eine email von Vagelis – natürlich im Auftrag des kleinen Dreiecksfischs’ geschrieben – trug gar den Titel „Noch mehr Griechen“!
_Doch nicht nur bei uns, die wir dieses Festival ein ganzes Jahr lang vorbereiten, machte sich eine unbändige Neugier und Vorfreude auf den kleinen Dreiecksfisch und seinen Schöpfer breit, sondern auch bei all jenen Moderatoren, Schauspielern, Dolmetschern, Lehrern, Schülern, Kooperations- und Gesprächspartnern, denen ich von der ‚Berlin-Athen-Connection’ und unseren griechischen Gästen in den Monaten zuvor erzählt hatte. Und so war ich sicher, dieser wunderbare Autor und sein strahlender Held, der kleine Dreiecksfisch, deren Geschichten ich schon seit einigen Jahren verfolgt hatte und die mir schließlich von einer meiner Kuratorinnen, Lilia Ratcheva, und einem meiner ehemaligen Gäste, Eugene Trivizas, für die 7. Ausgabe des Festivals besonders ans Herz gelegt worden waren, diese beiden würden unser Programm auf ganz besondere Weise bereichern. Und so sollte es auch sein!

_(Das Festival) Doch auf was für ein Abenteuer hatten sich der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos eigentlich eingelassen? Erlauben Sie mir ein paar Worte zum Festival selber: Der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos waren Gäste der Programmsparte „Internationale Kinder- und Jugendliteratur“ des 7. internationalen literaturfestivals berlin, das seit 2001 jährlich im September mit großem Erfolg veranstaltet wird.
_Das Festival fühlt sich dem „Geist Sarajevos“ verpflichtet, wie er im „Tagebuch der Aussiedlung“ des bosnischen Schriftstellers Dževad Karahasan beschrieben wird. „Sarajevo wurde“, schreibt Karahasan, „schon bald nach seiner Gründung zu einer Metapher der Welt, zu einem Ort, an dem sich die verschiedenen Antlitze der Welt in einem Punkt sammeln, wie es die diffusen Strahlen des Lichts in einem Prisma tun“. Das Festival findet im Geiste dieses Sarajevos statt, in dem Menschen unterschiedlicher Sprachen, Kulturen und Religionen, aus unterschiedlichen Traditionen und Lebenszusammenhängen sich friedlich verständigen und menschenwürdig miteinander leben konnten und versucht mit seinem Programm „die diffusen Strahlen des Lichts in einem Prisma“ so aufscheinen zu lassen, dass die Hoffnung auf ein friedliches, unvoreingenommenes Zusammenleben aller, unabhängig von Religion, Hautfarbe oder Kulturkreis gestärkt wird.
_In den sieben Jahren seines Bestehens ist das Festival zu einem der größten und renommiertesten Literaturfestivals der Welt avanciert. Mehr als 120 internationale Autoren – darunter Schriftsteller, deren Werke schon zu Weltruhm gelangt sind, ebenso wie Autoren, die noch als Neuentdeckungen oder gar als Geheimtipps gelten und ggf. noch nicht ins Deutsche übersetzt sind – sind jedes Jahr nach Berlin eingeladen, aus ihren Texten zu lesen und ihr Berliner Publikum zu treffen.
_Über 34.000 Besucher begegnen jährlich den Festivalgästen in Lesungen, Gesprächen, Workshops, Filmen und Performances am Hauptveranstaltungsort und überall in Berlin.
_Das Festival präsentiert in seinen drei Hauptprogrammen „Literaturen der Welt“, „Kaleidoskop“ und eben „Internationale Kinder- und Jugendliteratur“ sowie in weiteren kleineren Programmsparten und einem vielfältigen künstlerischen, filmischen und musikalischen Rahmenprogramm einen ebenso umfang- wie abwechslungsreichen Querschnitt durch die zeitgenössische Weltliteratur.
_Eröffnet wird das Festival jeweils mit einem internationalen Gast (u.a. Shashi Tharoor, Antjie Krog, Carlos Fuentes, Edouard Glissant, David Grossman), dessen Eröffnungsrede zumeist einen literarisch-politischen Hintergrund hat.
_In den über 250 Veranstaltungen des zwölftägigen Festivals lesen die eingeladenen Autoren ihre Texte im Original, hochkarätige Schauspieler der großen deutschen Bühnen präsentieren die Übersetzungen, kundige Moderatoren und Dolmetscher ermöglichen Gespräche zwischen Publikum und Autoren. Bei aller Fülle und Vielfalt, die ein solches Festival mit sich bringt, bleibt so die Konzentration auf das Wesentliche gewahrt: die Gäste und ihr Wort.
_Träger des Festivals ist die Peter-Weiss-Stiftung für Kunst und Politik e.V., die 1993 gegründet wurde. Finanziert wird es derzeit durch die Mittel des Hauptstadtkulturfonds, womit die Basisfinanzierung gesichert ist. Ein Kreis von Freunden und Förderern engagiert sich für weitere finanzielle und ideelle Unterstützung. Weitere öffentliche Geldgeber und private Sponsoren beteiligen sich finanziell und organisatorisch an der Umsetzung des Festivals. Seit 2004 findet das ilb unter dem Dach der Berliner Festspielen statt und wurde in den vergangenen Jahren unter der Schirmherrschaft der UNESCO-Kommission ausgerichtet. Hauptveranstaltungsort des Festivals ist seit 2005 das Haus der Berliner Festspiele in Berlin-Wilmersdorf. Botschaften, Stiftungen, Literaturhäuser, Schulen, Bibliotheken, Museen und Galerien, Theater und andere Kultureinrichtungen sind weitere Veranstaltungsorte.
_Zu den Teilnehmern der (Erwachsenen-)Programmsparten „Literaturen der Welt“ und „Kaleidoskop“ zählten 2001-2007 u.a. Isabel Allende (Chile/USA), Antonio Lobo Antunes (Portugal), Bei Dao (China), Inger Christensen (Dänemark), Jonathan Franzen (USA), Nadine Gordimer (Südafrika), Günter Grass (Deutschland), Witi Ihimaera (Neuseeland), Tahar Ben Jelloun (Marokko), Imre Kertész (Ungarn), Ko Un (Südkorea), Antjie Krog (Südafrika), Doris Lessing (Großbritannien), Claudio Magris (Italien), Frank McCourt (USA), Kenzaburo Oe (Japan), Wole Soyinka (Nigeria), Gore Vidal (USA), O. V. Vijayan (Indonesien) und Christa Wolf (Deutschland).

_(Internationale Kinder- und Jugendliteratur) Die Programmsparte „Internationale Kinder- und Jugendliteratur“ gehört bereits seit der ersten Ausgabe des Festivals zu den drei Hauptsäulen und hat seither stetig an Bedeutung gewonnen. Dass ein internationales Literaturfestival der Kinder- und Jugendliteratur neben der Prosa und Lyrik für ‘Erwachsene’ einen so hohen Stellenwert beimisst und gleichwertigen Raum schenkt, ist – sagt man – weltweit einzigartig. So gelten für dieses Programm die gleichen Grundsätze und Auswahlkriterien wie für die anderen Festivalbereiche auch: die Qualität (> d.h. die literarische Qualität ist das oberste Auswahlkriterium), der Aspekt der Entdeckung (> d.h., dass wir ganz gezielt auch noch nicht ins Deutsche übersetzte Autoren in unser Programm einbeziehen), die Vielfalt (> d.h. bei der Zusammenstellung der Gäste sollen immer auch verschiedene literarische Genres vertreten sein und zudem versuchen wir ein vielgestaltiges Veranstaltungsangebot zusammenzustellen, das Lesungen, Workshops, etc. umfasst) und die Internationalität (> d.h. bei der Autorenauswahl gehe ich nach einem ganz bestimmten Länderschlüssel vor, es werden z.B. jedes Jahr drei englischsprachige, zwei französischsprachige und gleichwertig viele Autoren aus Skandinavien/Benelux-Ländern, Süd- und Osteuropa, Afrika, Asien und Lateinamerika/ Spanien/Portugal eingeladen).
_Hier treffen koreanische Jugendbuchautoren französische Bilderbuchillustratoren, erzählen weltreisende Kinderbuchschriftsteller vom Leben in Südafrika und Lateinamerika, begegnen spanische Kinderbuchpoeten skandinavischen Lyrikern, schreiben amerikanische Jugendbuchautoren gemeinsam mit ihren jungen Lesern, hier begegnen sich britische Jugendbuchautoren, polnische Kinderbuchschriftsteller und dänische Illustrationskünstler, zeichnen belgische Bilderbuchkünstler mit kleinen und großen ‚Artisten’, lernen russische Kinderbuchpoeten norwegische Jugendbuchphilosophen kennen, diskutieren Schriftsteller und Jugendliche über die Welt der Wörter, entwerfen Bildkünstler Skizzen und Bücher mit ihren kleinen (und großen) Lesern.
Und so habe ich alle paar Jahre das Glück, auch einen Gast aus Griechenland einladen zu können!
_Fünfzehn internationale Autoren und Illustratoren werden jedes Jahr nach diesen Kriterien ausgewählt und präsentieren auf dem Festival ihre Kinder- und Jugendbücher für verschiedene Altersstufen und aus unterschiedlichsten künstlerischen Perspektiven. Ziel der Programmsparte – in der ja auch der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos zu Gast waren – ist es, einen repräsentativen Querschnitt literarisch hochwertiger Kinder- und Jugendliteratur aus verschiedenen Kontinenten und in unterschiedlichen (Welt-) Sprachen zu präsentieren. Neben Bilder- und Erstlesebüchern sowie Märchen für die ganz Kleinen und anspruchsvollen Kinderromanen, Abenteuergeschichten und Nonsens-Lyrik für junge Kinder, stehen temporeiche Jugendbücher für Teenager und tiefgründige, politisch-gesellschaftliche Romane und Short Stories für junge Erwachsene. Und natürlich finden sich in meinem Programm immer auch ganz wunderbare Helden aus der Tierwelt wie in diesem Jahr der unvergleichliche kleine Dreiecksfisch aus dem Mittelmeer – und damit eine der beliebtesten literarischen Figuren Griechenlands!
_Einen besonderen Akzent – und auch deshalb war der kleine Dreiecksfisch ein willkommener Gast unseres Festivalprogramms! – setzt die Sparte auf Autoren und Illustratoren, die die Welt in ihrer Vielfalt an Ausdrucksformen, Werten und Veränderungen aufzeigen, die das vermeintlich ‚Fremde’ auf unterschiedliche Weise thematisieren und die sich mit Rassismus und Gewalt, mit Unterdrückung und Diskriminierung in der Welt auseinandersetzen. Zentral sollen Bücher sein, die kulturell gemischte Gesellschaften in Europa abbilden oder von Migration berichten, die sich mit dem Aufwachsen zwischen zwei Kulturen befassen und in denen kulturelle Vielfalt als ‚Normalität’ dargestellt wird, um Kindern und Jugendlichen unbekannte Lebensrealitäten aufzuzeigen und sie mit ‚Fremden’ respektvoll vertraut zu machen. Zwar setzen die Geschichten vom kleinen Dreiecksfisch vordergründig auf die kindliche Faszination, die von der schillernd-bunten Welt des Ozeans ausgeht. Doch während klassische Märchen wie „Die kleine Meerjungfrau” von Hans Christian Andersen oder „Der Fischer und seine Seele“ von Oscar Wilde ihre Spannung ausschließlich aus dem ontologischen Gegensatz von Menschlich-Humanem und Animalisch-Tierischem beziehen und die Unterwasserwelt als rein animistisches Universum unbeeinflusst von den Menschen existiert, das seine Mysterien niemals ganz preisgibt, beschreibt Vagelis Iliopoulos als Schöpfer des kleinen Dreiecksfischs’ die Unterwasserwelt von einem ‚realen’ Standpunkt aus und dabei mit allen Konsequenzen. Seine Helden agieren wie menschliche Wesen in einer Miniatur-Ausgabe der menschlichen Gesellschaft ‚unter Wasser’. Vagelis Iliopoulos ist sich dieser literarischen Tradition bewusst, kombiniert die klassische Unterwasserwelt jedoch mit zeitgenössischen Themen und fokussiert Probleme der sozialen und ökologischen Entwicklung. Exzellent gelingt es ihm, Themen wie das Anderssein, Ausgrenzung und die Umweltzerstörung der Meere mit der phantastischen Welt des Ozeans zu verbinden. Die Dreiecksfisch-Geschichten sind ein Plädoyer für Respekt, Gleichberechtigung und Toleranz anderen Ideen, Kulturen und Hautfarben gegenüber. Iliopoulos zeigt den kleinen Dreiecksfisch als eigenständige Persönlichkeit, als Jäger humaner Werte und Pionier im Kampf für eine ökologisch-sinnvolle und artengerechte Nutzung natürlicher Ressourcen. Der kleine gelbe Fisch ist also ein sehr verantwortungsbewusster zeitgenössischer Held, der sich mit aktuellen Problemen auseinandersetzt wie die Haltung von Menschen dem Fremden gegenüber, Menschlichkeit, Umweltbedrohungen oder Krieg – ein Anliegen, das der ‚Philosophie’ des internationalen literaturfestivals berlin – wie ich oben skizziert habe – sehr nahe ist. Dabei ist anzumerken: In seinem ‚Anderssein’ bleibt der kleine Dreiecksfisch niemals ausgegrenzt, wird verletzt oder vereinsamt. Er findet Freunde, Bewunderer, und erntet Respekt und Lob, obwohl er kein typischer Held ist. Und gerade damit bietet diese literarische Figur eine einzigartige Projektionsfläche für die Befindlichkeiten von Kindern und fungiert als ideale Identifikationsfigur für junge Leser, die in die Gesellschaft hineinwachsen und erste Erfahrungen im Umgang mit dem und mit den Anderen machen.
_Neben den vielfältigen Aspekten, die bei der Autorenauswahl berücksichtigt werden, möchte die Sektion auch mit seinem gezielt breit gefächerten Veranstaltungsprogramm, das von Autorenlesungen über Workshops für Schüler und mehrtägige Schulprojekte am Vormittag bis hin zu Werkstattgesprächen und literarischen Familienfesten am Nachmittag und Abend reicht, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gemeinschaftliche Zugänge zu Büchern und zum Lesen vermitteln, ihnen Horizonte eröffnen, sie emotional, sozial-gesellschaftlich und künstlerisch-handwerklich herausfordern. Das ilb setzt dabei nicht nur auf reine Literaturrezeption, sondern fokussiert vor allem auf das eigene kreative Potential seiner jungen Besucher. Einen besonderen Stellenwert nehmen daher (Schreib- und Illustrations-) Ateliers, literarische Werkstätten in Museen und mehrtägige Schul-Projekte ein. Dabei ist der unmittelbare Austausch mit Schriftstellern aus unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen und in vielen verschiedenen Sprachen überaus wichtig, denn er schenkt Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, mit ‚Wort- und Bildschöpfern’ den Prozess des Schreibens und Bebilderns ‚authentisch’ zu erleben und Literatur ‚lebendig’ werden zu lassen. Die Veranstaltungsorte (neben dem Hauptveranstaltungsort – das Haus der Berliner Festspiele – sind dies vor allem Theater, Museen, Jugend-freizeitstätten, Schulen und Bibliotheken), -formen und -abläufe werden dann danach ausgewählt, dass sie zu den Autoren, ihren Herkunftsländern und Texten passen und sich möglichst nah an den Lesebedürfnissen und Erfahrungswelten von Kindern und Jugendlichen orientieren – wobei für mich v.a. aber auch der Wunsch des Autors selber maßgeblich zur Gestaltung der Veranstaltungen ist. Und der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos hatten sehr genaue Vorstellungen und allerhand kuriose Ideen, was man in Lesungen und Workshops alles ‚anstellen’ könnte!. Neben den meist zweisprachig angelegten Veranstaltungen – die von Moderatoren, Schauspieler und Dolmetschern unterstützt werden – werden auch originalsprachige Lesungen und Workshops in Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Griechisch o.ä. angeboten. Dazu arbeitet das Festival eng mit den Fremdsprachenlehrern der Berliner Schulen zusammen und pflegt einen engen Kontakt zu den sogenannten „Europaschulen“, zu denen auch die Athene-Grundschule gehört, die der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos schon an ihrem ersten Festivaltag mit einer ausgelassenen Veranstaltung beglückten.
_Teilnehmende Autoren und Illustratoren dieser Programmsparte waren 2001-2007 u. a.: Vesna Aleksić (Serbien), María Teresa Andruetto (Argentinien), Bernardo Atxaga (Spanien), Azouz Begag (Frankreich), Liliana Bodoc (Argentinien), Kevin Brooks (GB), Melvin Burgess (Großbritannien), Chen Jianghong (China/Frankreich), Aidan Chambers (GB), Lauren Child (GB), Carll Cneut (Belgien), Bernard Friot (Frankreich), Jostein Gaarder (Norwegen), Faiza Guène (Frankreich), Klaus Hagerup (Norwegen), Virginia Hamilton (USA), Sonya Hartnett (Australien), Nikolaus Heidelbach (Deutschland), Hannele Huovi (Finnland), Roberto Innocenti (Italien), Louis Jensen (Dänemark), Guus Kuijer (Niederlande), Vytautas V. Landsbergis (Litauen), Michèle Lemieux (Kanada), Paul Maar (Deutschland), Ana Maria Machado (Brasilien), Bart Moeyaert (Belgien), Michael Morpurgo (Großbritannien), Marie-Aude Murail (Frankreich), Moni Nilsson (Schweden), Uri Orlev (Israel), Grigory Oster (Russland), Roberto Piumini (Italien), Iva Procházková (Tschechien), Notaila Rashed (Ägypten), Jenny Robson (Südafrika/Botswana), Peter Sís (Tschechien/USA), Grégoire Solotareff (Ägypten/Frankreich), Ulf Stark (Schweden), Jonathan Stroud (Großbritannien), Dorota Terakowska (Polen), Eugene Trivizas (Griechenland/GB), Edward van de Vendel (Niederlande), Mohammad Reza Youssefi (Iran), Kazumi Yumoto (Japan).

_(Festivalvorbereitung II) Bevor der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos jedoch ihren Veranstaltungs-Reigen in Berlin beginnen konnten, mussten wir noch eine wesentliche ‚Weiche stellen’: die Text-Übersetzung ins Deutsche. Mit seinem ‚Agenten’ Vagelis Iliopoulos einigte ich mich schnell darauf, einige Auszüge aus den berühmten Dreiecksfisch-Geschichten für die Festivalteilnahme übersetzen zu lassen, denn wir hatten den kleinen Dreiecksfisch resp. Vagelis Iliopoulos nicht nur als einen der prominentesten Vertreter zeitgenössischer Kinderliteratur in Griechenland eingeladen, sondern auch als einen bedeutenden Literaten, dessen Werk leider noch nicht in Deutschland publiziert ist und das wir als Festival gerne fördern möchten. So brachte der kleine Dreiecksfisch eine Fülle von Abenteuern mit nach Berlin, die er in den vergangenen zehn Jahren erlebt hat. Präsentiert wurden Ausschnitte‚ natürlich, aus „Der kleine Dreiecksfisch“, aber auch aus „Der kleine Dreiecksfisch gegen den großen Hai“ und aus „Der Geburtstag des kleinen Dreiecksfischs oder Wie die Liebe den Krieg besiegte“. Die Übertragung aus dem Neugriechischen ins Deutsche lieferte die literarische Übersetzerin Doris Wille (, die auch heute mit uns feiert und deren Übersetzungstalent und Begeisterung ebenso hilfreich wie inspirierend waren). Sehr schnell nachdem ich die Übersetzung der ersten Dreiecksfisch-Geschichte erhielt, entschied ich mich zudem, die Geburt des kleinen Dreiecksfischs’ und seine ersten Tage in der Schule von Frau Tintenfisch, als literarischen Einleitungstext in unserem Programmheft zur Sektion „Internationale Kinder- und Jugendliteratur“ abzudrucken und damit – in bescheidenem Rahmen – auf die griechische Kinderliteratur aufmerksam zu machen, von der leider bisher nur wenig ins Deutsche übersetzt wurde. Viele Festivalbesucher, Lehrer und Bibliothekare, Kinder, Jugendliche und ihre Eltern sprachen uns auf den wundervollen Textauszug an und äußerten ihr Bedauern, dass es noch keine Dreiecksfisch-Geschichten in Deutschland zu kaufen gibt. Erfreulicherweise – dies als Fußnote – konnte das Festival unter den teilnehmenden Gästen (wie Autoren, Übersetzern, Lektoren, etc.) Begegnungen stiften, die über die zeitlich-räumlichen und institutionellen Grenzen des Festivals hinaus sicher auch in Zukunft zur Verbreitung der Dreiecksfisch-Texte beitragen werden. Denn wie es seine Art ist: Der kleine Dreiecksfisch hat uns Hoffnung geschenkt!

_(Begeisterung in Berlin – Die Veranstaltungen) Doch was erlebte der kleine Dreiecksfisch nun in Berlin? Und was durften wir gemeinsam mit ihm und Vagelis Iliopoulos erleben? Mit ihren Worten und Bildern, aber auch mit der ihnen eigenen Sprache und ihrem Herkunftsland, mit dem Genre und der Thematik ihrer Literatur, ihrer Biographie und Persönlichkeit sind die geladenen Autoren und Illustratoren Ausgangspunkt für die Kreation unterschiedlichster Veranstaltungen. So waren die Begegnungen, die wir für Vagelis Iliopoulos organisiert hatten, vielfältig konzipiert. Es ist mir ein Anliegen, jedem Gast ein möglichst abwechselungsreiches Programm zusammenzustellen, damit ihm die Festivalteilnahme nicht als ‚Pflicht’ oder ‚Arbeit’ erscheint, sondern ihn selber bereichert und zu einer bleibenden Erinnerung wird. So gibt es kleine, intime Begegnungen ebenso wie große ‚Events’ mit hunderten von Kindern und Jugendlichen; Lesungen, in denen immer wieder andere Bücher im Zentrum stehen und in denen es um das Zuhören und Diskutieren geht; Werkstätten, in denen Kinder und Jugendliche sich mehrere Stunden lang intensiv, konzentriert und kreativ mit einer bestimmten Thematik des Autorenwerks auseinandersetzen; Begegnungen in Schulen und Bibliotheken; speziell für Schülergruppen konzipierte Aktivitäten am Vormittag und öffentliche Veranstaltungen für die ganze Familie am Nachmittag, Abend oder am Wochenende, damit alle die Gelegenheit haben, die aus aller Welt eingeladenen Autoren und Illustratoren während ihrer Festivalteilnahme zu treffen. Erwähnen will ich daher kurz, dass Vagelis Iliopoulos während seiner Festivalteilnahme natürlich nicht nur die Geschichten vom kleinen Dreiecksfisch präsentierte, sondern auch für ältere Kinder, Teenager und Jugendliche aus seinem Jugendbuch „Apo: Mikele, Pros: Foti“ las, das ebenso ins Deutsche übertragen wurde und das bei einer großen Veranstaltung am Hauptveranstaltungsort des Festivals mit über 250 Jugendlichen und in einem kleinen literarischen Nachtsalon mit drei weiteren Jugendbuchautoren aus Schweden, Großbritannien und Israel auf ebenso große Resonanz stieß.
_Doch zurück zu unserem kleinen gelben Protagonisten aus dem Mittelmeer: Die Vorfreude und Begeisterung, die der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos bereits im Vorfeld bei uns ausgelöst hatten, konnte man im September schließlich auch in den strahlenden Augen all der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen sehen, denen sie während der fünf Tage ihrer Festivalteilnahme in Berlin begegneten. Griechische Kinder in Deutschland, die den kleinen Dreiecksfisch schon lange verehren, trafen ihn nun in Berlin zum ersten Mal „live“; aber auch die deutschen Kinder lernten den kleinen gelben Meeresbewohner kennen und lieben – seinen Witz und Humor, seine Neugier und seinen Wagemut, seine Verrücktheiten und sein Ungestüm, die Güte und Liebenswürdigkeit seines Wesens, die Leichtfüßigkeit und Eleganz seiner abenteuerlichen Geschichten und nicht zuletzt die grenzenlose Phantasie und übermütige Schöpfungskraft seines Erzählers. Eine kleine Auswahl mag die schillernden Begegnungen mit dem Berliner Publikum veranschaulichen und zeigen, wie eindrucksvoll Vagelis Iliopoulos seine Dreiecksfisch-Geschichten während des Festivals präsentierte:

Athene-Grundschule & deutsch-griechische Kindergärten – Griechische Kinder
_Seit mit Eugene Trivizas 2003 das letzte Mal ein griechischer Kinderbuchautor Gast des internationalen literaturfestivals berlin war, habe ich die ‚griechische Community’ Berlins immer wieder vertrösten müssen, da in den folgenden Jahren Gäste aus anderen südeuropäischen Ländern ‚an der Reihe’ waren, wie Spanien oder Italien. Umso größer war die Freude bei der Berliner Athene-Grundschule und zwei deutsch-griechischen Kindertagesstätten in der Hauptstadt, als ich ihnen den Besuch des kleinen Dreiecksfischs’ ankündigen konnte. Ungeduldig warteten die griechischen Kinder, den beliebten Autor aus ihrem Heimatland endlich einmal einige Stunden ‚für sich’ zu haben.
_Die Zusammenarbeit mit bilingual ausgerichteten bzw. internationalen Schulen ist eine wunderbare Gelegenheit, einem internationalen Autor oder Illustrator im Rahmen seiner Festivalteilnahme auch einmal die Gelegenheit zu geben, in seiner eigenen Sprache zu agieren, ganz ohne Moderator, Schauspieler und Dolmetscher, die natürlich immer eine gewisse Distanz schaffen. Insofern war ich sehr erfreut, dass ich unsere beiden griechischen Gäste bereits in den ersten drei Tagen ihres Berlinaufenthalts mit griechischen Kindern zusammenbringen und ihnen damit eine sehr ‚unmittelbare’ Begegnungen schenken konnte.
_Vagelis Iliopoulos präsentierte die Geschichten vom kleinen Dreiecksfisch in Form einer Powerpoint-Präsentation, tanzte und sang gemeinsam mit den Kindern zu den Liedern des kleinen Dreiecksfischs’ und beantwortete all die herzzerreißenden Fragen seines jungen Publikums. Die Lebendigkeit seiner Präsentation beeindruckten die Kinder (und auch die anwesenden Lehrer in Praktikantinnen!) immens, die sich allesamt zum Schluss der Veranstaltung von Vagelis Iliopoulos Bücher signieren und mit ihm (und dem imaginären kleinen Dreiecksfisch) fotografieren ließen. Wann hat man schon die Gelegenheit, den Schöpfer der kleinen Dreiecksfischs’ leibhaftig zu treffen und mit ihm in die wunderbare und abenteuerliche Welt des weiten Ozeans einzutauchen!

Gelbe Villa – Deutsche Kinder, Werkstätten
_Eine bekannte Jugendfreizeiteinrichtung im Berliner Stadtteil Kreuzberg (in dem viele ausländische Kinder leben), die den Namen „Gelbe Villa“ trägt und geradezu prädestiniert erschien als Begegnungsstätte für den kleinen gelben Fisch aus griechischen Gewässern, war der Schauplatz für eine weitere Veranstaltung des kleinen Dreiecksfischs’ unter dem Titel: „Vom kleinen Dreiecksfisch und anderen seltsamen Meeresbewohnern“.
_Unterstützt von einer Schauspielerin des berühmten Berliner Kinder- und Jugendtheaters „Grips“ und einem Moderator und Dolmetscher der Griechischen Kulturstiftung in Berlin erlebten hier (vorwiegend) deutschsprachige Kinder und Kinder aus der Türkei, Polen etc. (alle im Alter von 5 ½ bis 8 Jahren) eine lebendige Lesung aus den Dreiecksfisch-Geschichten, gefolgt von einem gemeinsamen Mittagessen im zugehörigen Kinder- und Jugendrestaurant des Hauses namens „Fünf Jahreszeiten“ (zu dem sonst nur junge Menschen Zutritt haben, doch in diesem Fall durfte auch Vagelis Iliopoulos dort einen Snack zu sich nehmen, und der kleine Dreiecksfisch natürlich sowieso!).
_Gestärkt ging es schließlich in den zweiten Teil der Veranstaltung: In den verschiedenen Ateliers und Kreativräumen der „Gelben Villa“ wurden diverse Werkstätten angeboten, die sich alle auf die Thematik „Ozean“ und „Umwelt“ bezogen. Während Vagelis einen eigenen Workshop leitete, in dem er mit einigen Kindern aus Alltagsmüll und Bastelresten allerhand „sonderbare Fische“ entstehen ließ, betätigten sich die anderen Kinder in einem Aquarell-Workshop zum Thema „Meer und mehr“ oder unternahmen eine Traumreise mit Kapitän Nemo im Klangwasserbett eines Snoezelraums oder erprobten sich in einer Unterwasser-Internet-Rallye.
_Spätestens bei dieser Veranstaltung wurde offenbar, dass die Dreiecksfisch-Geschichten keineswegs nur ‚passiv’ konsumiert werden, sondern kreativ von Kindern mit gestaltet werden können und zum Weiterdenken, -schreiben und -basteln animieren.

Weinmeisterhaus – Schreibwerkstatt/Atelier
_Ebenso kreativ ging es auch im Weinmeisterhaus zu, einer weiteren Jugendfreizeiteinrichtung im zentralen Stadtbezirk Berlin-Mitte, wo endlich die kiloschweren dreieckigen Kieselsteine zum Einsatz kamen, die so sehr zur Erheiterung des Festivalteams beigetragen hatten. Mit viel Phantasie und Enthusiasmus verwandelten sich die kleinen Kiesel in den Händen einer deutsch-griechischen Grundschulklasse (etwa zehn 10-jährige Schüler) zu Geschwistern des kleinen Dreiecksfischs’.
_In Eigenregie gestaltete Vagelis Iliopoulos dieses zweieinhalbstündige Kreativ-Atelier und begeisterte die Kinder mit ausgefallenen Geschichten und Ideen. Zur Verfügung standen allerhand goldene, silberne und schwarze Filzstifte, Papier und Karton, Scheren und Klebstoff, und nicht zuletzt Gesichtsmalfarbe in den Farben des kleinen Dreiecksfischs’ und des griechischen Flagge! _Und so wurden an diesem Vormittag Unmengen von Dreiecksfischen ‚geboren’, die nun in Berlin die Kunde vom legendären kleinen gelben Fisch verbreiten. Einen dieser kleinen Dreiecksfische erhielt ich als Geschenk und werde ihn natürlich sehr in Ehren halten!

Griechische Kulturstiftung Berlin – Öffentliche Familienveranstaltung
_In der Griechischen Kulturstiftung Berlins schließlich fand – nach den Lesungen in Schulen und Kindergärten und Werkstätten für Schüler an den vorangegangenen Vormittagen – eine öffentliche Freizeitveranstaltung am Samstagnachmittag statt.
_Der ‚special guest’ war auch hier der kleine Dreiecksfisch, der anlässlich seines 10. Geburtstags exklusiv vom großen Abenteuer seiner Eltern berichtete, die sich einst in den Tiefen des Meeres begegnet waren und deren Liebe – da sie zu den rivalisierenden Königreichen des „Himmelblauen Ozeans“ und der „Purpurroten See“ gehörten – einen bitteren Krieg entfachte, den nur ihr Sohn, der kleine Dreiecksfisch, schlichten konnte.
_Die Veranstaltung, die zwar auch für ein deutschsprachiges Publikum angekündigt war, zu der aber vor allem griechische Eltern, Omas, Tanten, Onkels und Geschwister gekommen waren, wurde zu einem freudigen Spektakel und endete in einem bunten Tanzreigen.
_Auch hier las die deutsche Schauspielerin zunächst Auszüge aus den Dreiecksfisch-Übersetzungen. Langjährige Freunde und neue Fans des kleinen gelben Meeresbewohners lauschten gebannt der Lesung. Doch sehr bald nach dem Lesungsteil wurden die Lieder vom Dreiecksfisch angestimmt – begleitet von der produzierten CD – und das Publikum ließ sich von Vagelis Iliopoulos sogar spontan zum Tanzen, Singen und Theaterspielen animieren. In unnachahmlicher Spontaneität machten der kleine Dreiecksfisch und sein Schöpfer Literatur für Kinder lebendig.
_Spätestens an diesem Nachmittag waren sämtliche Dreiecksfisch-Bücher, die unsere Festival-Buchhandlung bereithielt, ausverkauft.

_Keine dieser Veranstaltungen mussten der kleine Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos ‚alleine’ bewältigen. Denn natürlich versuchen wir als Festival, unsere Gäste so gut es geht ‚rundum’ zu betreuen. Je vielfältiger ein Programm ist, umso besser müssen die Gäste betreut werden, damit sie selber nicht alle Details im Kopf haben müssen (wie z.B. wann wo aus welchem Buch gelesen wird, ob es eine große Lesung oder eine kleine Werkstatt ist, ob die Kinder griechisch sprechen oder ein Dolmetscher mit dabei ist und und und). Und eine gute Betreuung war gerade bei Vagelis Iliopoulos wichtig, der – wie nur wenige in all den Festivaljahren – mich schon im Vorfeld bat, möglichst viele, viele Veranstaltungen in Berlin für ihn zu organisieren. Eine Luxussituation, die ich – ganz ehrlich! – so noch nie erlebt hatte! So gehörte zu unserer Autorenbetreuung ein Shuttle-Service, der den kleinen Dreiecksfisch und Vagelis Iliopoulos stets zu ihren Veranstaltungen ‚kutschierte’ und auch eine Praktikantin, die für alle notwendigen ‚Utensilien’ wie Bücher, CDs, Malsachen sowie Telefonnummern Sorge trug und als Ansprechpartnerin die Veranstaltungen begleitete, insbesondere, wenn ich selber nicht (die ganze Zeit) dabei sein konnte. Bei unseren täglichen Teamsitzungen im Festivalgarten rissen sich meine Praktikantinnen geradezu darum, am nächsten Tag den kleinen Dreiecksfisch zu einer Veranstaltung begleiten zu dürfen!
_Doch auch wir bekamen ganz unerwartete wunderbare ideelle und organisatorische Unterstützung vor Ort, für die ich mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bedanken möchte. Die bereits erwähnte ‚Mannschaft’ von griechischen ‚Freunden’, die extra zur Festivalteilnahme des kleinen Dreiecksfischs’ nach Berlin gereist war und Vagelis Iliopoulos begleitete, darunter Dikaios Chatziplis vom Verlag „Patakis“. Und ich kann sagen, dass diese Anteilnahme, Wertschätzung und Begeisterung – verglichen mit vielen anderen Ländern und Verlagen – nicht selbstverständlich ist. Euch allen ein großer Dank! Ihr wart immer begeistert mit dabei und habt das Festival damit auch für mich zu etwas sehr Besonderem gemacht.

_(Abschluss) Nach Deiner Rückkehr in Deine Heimatstadt hast Du mir, lieber Vagelis, geschrieben, Euer Besuch in Berlin sei sicher einer der Meilensteine in Deiner, in Eurer Karriere gewesen, die Festivalteilnahme habe Deinen Blick auf die Dinge und wie Du mit ihnen umgehst, verändert, von nun an beginne eine neue Phase in Deiner Karriere (als Schriftsteller), genährt von den Eindrücken des Festivals – dies, lieber Vagelis, gilt auch für das internationale literaturfestival berlin. Du und der kleine Dreiecksfisch, Ihr habt ‚Standards gesetzt’. Denn als ihr in Berlin wart, haben ‚wahrhafte Begegnungen’ stattgefunden. (Und das ist nicht selbstverständlich, auch wenn mich meine Kolleg/innen schon beneiden und stets meinen, dass die Kinder- und Jugendbuch-Gäste ohnehin die Wunderbarsten seien!)
_Deinem Berliner Publikum bist Du von Anbeginn an mit unendlich viel Humor, Esprit und Frohsinn begegnet und hast die Abenteuer des kleinen gelben Meeresbewohners, der anders ist als die Anderen und der seinen Platz in der bunten und gefährlichen Unterwasserwelt immer wieder behaupten muss, auf unnachahmliche Weise lebendig werden lassen. Voller Tatendrang, erfindungsreich und immer mit einem Lied auf den Lippen schwamm der kleine Dreiecksfisch seinem begeisterten Publikum entgegen und meisterte alle Festivalsituationen mit Bravour, ebenso wie er schon kurz nach seiner Ankunft in der Gesellschaft der Fische den gefährlichen Fischernetzen entkommen war, gegen den großen Hai gekämpft, das kleine Seepferdchen gerettet und den sonderbaren Fischen geholfen hatte, nicht in Gefangenschaft neumodischer Aquarien zu geraten.
_Deinem Talent, Kinder, Jugendliche und Erwachsene ‚mitzureißen’ – ob mit Worten, Gesang, Tanz oder Spiel – waren keine Grenzen gesetzt. Du hast Deine literarischen Worte gekonnt mit anderen Medien verbunden und so einen Weg gefunden, auch sehr jungen Kindern oder Kindern, die gar nicht Deine Sprache sprechen, einen Zugang zu Literatur zu schenken ohne das direkte eigene Lesen – in einer geradezu ursprünglich und unmittelbaren mündlichen Erzähl-tradition. Vor allen anderen Aspekten ist (für unser Festival und sicher auch ganz generell) die authentische und unmittelbare Begegnung mit den Künstlern selber für Kinder und Jugendliche ungemein wichtig und Ausgangspunkt für die kreative Erfahrung von Literatur, Sprache und Kultur. Denn egal wie fern das Herkunftsland eines Autoren und wie fremd und unverständlich seine Sprache sein mag, nichts kann für Kinder und Jugendliche in einer Veranstaltung – falls notwendig mit Unterstützung geschulter Schauspieler, Dolmetscher und Moderatoren – einnehmender sein, als das Erlebnis eines ‚authentischen’ Autoren, der es versteht spielerisch mit Kindern und Jugendlichen umzugehen, der seinem jungen Publikum mit Respekt, Ernsthaftigkeit und Humor begegnet. Dir und dem kleinen Dreiecksfisch ist dies in Berlin ‚spielend’ gelungen.
_Bei allem Spielerischen ist Deine Kommunikation mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen jedoch niemals ‚kindisch’, sondern immer respektvoll, ernsthaft und ehrlich. Und das ist etwas, das mir persönlich unendlich wichtig ist. Denn leider wird Kinder- und Jugendliteratur nur allzu gerne in eine abwertende ‚Schublade gesteckt’ und nicht wirklich ernst genommen als ‚große Literatur’. Der kleine Dreiecksfisch jedoch zeigt, dass Literatur für Kinder kindgerecht und zugleich literarisch herausragend sein kann und ist!
_Du hast es nämlich auch verstanden, mit Kindern und Jugendlichen sehr ernsthaft und tiefgründig über Deine Texte zu sprechen und die darin thematisierten sozial-gesellschaftlichen und ökologischen Probleme zu diskutieren. Und gerade das macht die große Ausstrahlung der Dreiecksfisch-Geschichten und seines Schöpfers aus: Die Verbindung einer märchenhaft-humorvollen Handlung mit ernsthaften gesellschaftlichen Themen, die Verknüpfung von Komischem und Tragischem machen die Abenteuergeschichten des kleinen Dreiecksfischs’ für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene gleichermaßen ansprechend und reizvoll. Dein Schreiben ist kindlich und frei, doch zugleich kommunizierst Du mit den Mitteln eines Erwachsenen. Hinter der kindlich-humorvollen Maske verbergen sich ernsthafte gesellschaftlich-ökologische Themen. Die Abenteuer des kleinen Dreiecksfischs sind Erzählungen mit einer vermeintlich erwachsenen Botschaft und einer scheinbar kindlichen Ausgestaltung, Geschichten, deren gesellschaftlich-sozialer Anspruch für jeden Leser spürbar ist, der aber nicht vordergründig moralisch-pädagogisch daherkommt, sondern in seiner heiter-kindlichen ‚Verpackung’ ganz und gar sympathisch, ehrlich und offen ist. Es ist diese besondere Mischung aus Realität und Fiktion, aus Witz und Ernsthaftigkeit, die den kleinen Dreiecksfisch und seine Abenteuer so glaubwürdig und so wichtig macht.
_So war der kleine Dreiecksfisch ein geradezu unvergleichlicher Protagonist und ein überaus würdiger Gast des Festivals, einer, den man gerne jedes Jahr ‚dabei’ hätte, weil er einem soviel zurück gibt von dem, was man an Energie und Enthusiasmus in die Auswahl der Autoren und in die Vorbereitung der einzelnen Veranstaltungen eingebracht hat. Ein ganzes Jahr lang sind wir damit beschäftigt, dieses Festival vorzubereiten und zu organisieren. Dabei versuchen wir uns ein Bild zu machen von den Autoren, ihren unzähligen Büchern und ihren literarischen Figuren, versuchen herauszufiltern, was ihre Themen sind, welche ihrer Texte sich für das Berliner Publikum besonders eignen und wie man sie präsentieren könnte. Schließlich ist es das eigene Herzblut, das man einbringt und für das man – wenn alles gut läuft und einem das Glück hold ist – dann während des Festivals auf ganz wunderbare Weise entschädigt wird: z.B. wenn Kinder und Jugendliche mit leuchtenden Augen den Geschichten lauschen, wenn auch Erwachsene das Tanzbein schwingen, wenn Kinder und Praktikantinnen mit kleinen dreieckigen bemalten Kieselsteinen durch die Gegend schwirren, wenn Verleger nach dem schönen Einleitungstext des Programmheftes fragen oder Schauspieler sich für die tollen Lesetexte bedanken. Wie kein Zweiter beglückte uns der kleine Dreiecksfisch mit all Diesem und machte die Entbehrungen der vorangegangenen zwölf Monate der Festivalvorbereitung wett. Und schenkte uns ebenso Kraft, uns bald in einen neuen Festival-Marathon zu stürzen. Denn Geschichten wie die des kleinen Dreiecksfischs’ machen Mut. Sie machen Mut, an die große, so schwer fassbare Wirkung von (Kinder- und Jugend-) Literatur zu glauben. Und das ist etwas ganz Einzigartiges und sehr Wertvolles. Danke!

_Und da dies ja eine Geburtstagsfeier ist, habe ich zum Schluss meines kleinen Festivalberichts auch noch einige Glückwünsche auszurichten: vom Festivaldirektor aus Berlin, vor allem aber von all meinen Praktikantinnen, die den kleinen Dreiecksfisch und Dich, lieber Vagelis, auf ewig ins Herz geschlossen haben, ebenso von all den Kindern und Jugendlichen, die Euch in Berlin begegnet sind, insbesondere von der Athene-Grundschule – und nicht zuletzt von den Geschwistern des berühmten Dreiecksfischs’, die während Eures Festivalbesuchs das Licht der Welt erblickten und nun in den Berliner Gewässern allerhand Abenteuer erleben und – ebenso wie der kleine Dreiecksfisch im griechischen Mittelmeer! – in der Berliner Spree kleine Forellen vor trickreichen Fischernetzen retten, schnellen Touristenbooten ausweichen und der städtischen Wasserverschmutzung trotzen müssen und nicht zuletzt gegen dicke Karpfen kämpfen! Von nun an ist der kleine Dreiecksfisch auch in Berlin beheimatet und wird dort weiterhin viele, viele Abenteuer bestehen … und ich verspreche hiermit: Wir werden ihn gut behüten!

MIRIAM GABRIELA MÖLLERS
Programmleiterin „Internationale Kinder- und Jugendliteratur & Stellvertretende Festivalleiterin
des internationalen literaturfestivals berlin/
Programme Manager „International Children’s and Youth Literature“ & Vice Director
of the international literature festival berlin